RailNetEurope (RNE) ist der Dachverband der europäischen Eisenbahninfrastrukturbetreiber, der sich für die Förderung des internationalen Eisenbahnverkehrs einsetzt. Die Aufgabe von RNE besteht darin, seine Mitglieder auf die Herausforderungen des sich rasant ändernden Eisenbahnsektors vorzubereiten. Um eine nachhaltigere Zukunft für den Schienenverkehr zu schaffen, ist es unerlässlich, die Anzahl der eingesetzten Züge zu erhöhen.
Die Europäische Union formulierte ambitionierte Ziele: Bis 2030 soll die Zahl der Hochgeschwindigkeitszüge im Personenverkehr und bis 2050 die der Güterzüge verdoppelt werden. Um diese steigende Nachfrage zu befriedigen, muss die Infrastruktur nicht nur ausgebaut, sondern bereits jetzt effizienter genutzt werden.
Dafür braucht es ein schnelles digitales Kapazitätsbuchungssystem.
Die aktuelle digitale Plattform von RNE ermöglicht zwar die langfristige Kapazitätsplanung, doch in der Realität kommen viele Anfragen kurzfristig rein und erfordern Züge, die bereits 45 Minuten nach Eintreffen der Bestellung abfahren können. Eine schnelle Abwicklung dieses Prozesses ist nicht einfach. Fast jedes Land hat seine eigenen nationalen Prozesse, mal abgesehen von der Vielzahl der Beteiligten, die während des Buchungsvorgangs zusammenarbeiten müssen.
Angesichts dieser Herausforderung nutzte Supercharge sein Fachwissen in Sachen Design und Tech, um die Kunden- und Geschäftsbedürfnisse sowie die technischen Anforderungen zu ermitteln und zu erfassen.
Um einen Zug von A nach B zu betreiben, müssen mehrere Akteure zusammenarbeiten. Der Anbieter der Dienstleistung, also der Antragsteller, der den Zug betreiben möchte, muss seine Anforderungen den Infrastrukturbetreibern (IB) mitteilen. Die IBs kennen die Einschränkungen und Besonderheiten der Infrastruktur, z.B. die verfügbare Kapazität, die Höchstgeschwindigkeit und das maximale Zuggewicht.
Die Antragsteller und die IBs handeln eine Vereinbarung aus, damit der Zug tatsächlich fahren kann.
Wenn man sich während dieses Prozesses auf mehrere verschiedene Systeme stützen muss, ist das sehr zeitaufwändig und stellt eine große Belastung für die Nutzer*innen dar. Außerdem ist das Fehlerpotenzial wesentlich höher. Daher bestand ein dringender Bedarf für ein einheitliches System, mit dem die Benutzer*innen den gesamten kurzfristigen Buchungsprozess effizient verfolgen und verwalten können.
Um diese Herausforderungen zu meistern, arbeiteten wir eng mit der DB Netz AG zusammen. Somit konnten wir den Überblick über die Eisenbahninfrastruktur für die Deutsche Bahn und die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) erhalten.
Unser Ziel war es, eine übergreifende Plattform zu schaffen, die den gesamten Prozess des kurzfristigen Kapazitätsmanagements abdeckt, von der Anfrage bis zur Annahme von Angeboten.
Statt separate Systeme aktiv zu verfolgen, E-Mails zu prüfen oder herumzutelefonieren, können sich Antragstellende und Infrastrukturbetreibende in ganz Europa nun auf ein einheitliches Tool verlassen, das eine nahtlose Kapazitätsbuchung in Echtzeit ermöglicht.
Um zu wissen, wann und wie man den Beitrag zum reibungslosen Ablauf der Kapazitätsbuchung leisten muss, haben wir eine übersichtliche Benutzeroberfläche entwickelt, die den Überblick über die anstehenden Aufgaben erleichtert.
Das Dashboard besteht aus zwei Hauptbereichen: Einem, in dem unmittelbar zu erledigende Aufgaben hervorgehoben werden, und einem weiteren, in dem Aktualisierungen zu den offenen Anfragen angezeigt werden.
Eine weitere Besonderheit kurzfristiger Zugbuchungsanfragen besteht darin, dass die gewünschte Strecke oder die gewünschten Zeiten oft nicht verfügbar sind, weil andere Züge die Schienen benutzen oder weil Bauarbeiten auf der Strecke stattfinden.
In solchen Fällen muss effektiv kommuniziert werden, welche Optionen im Vergleich zur ursprünglichen Anfrage zu einer bestimmten Zeit verfügbar sind. Dafür haben wir eine Funktion entwickelt, die den Unterschied zwischen der ursprünglichen Anfrage und dem Angebot auf klare und verständliche Weise aufzeigt.
Schon beim Entwickeln der Plattform war uns klar, dass der Erfolg des Tools maßgeblich davon abhängen würde, wie gut wir es in die von den Infrastrukturbetreibern bereits täglich genutzten lokalen Systeme integrieren können.
Unsere Plattform meistert diese Challenge mit Bravour: Sie lässt sich über eine europäische Standard-Datenverbindung nahtlos mit den nationalen Systemen verbinden, sodass die Infrastrukturbetreiber über ihr eigenes System Anfragen erhalten und schnell beantworten können.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die optimierte digitale Plattform für kurzfristige Kapazitätsbuchungen, die wir in Zusammenarbeit mit RailNetEurope entwickelt haben, ein echter Game-Changer für die Branche ist. Durch die nahtlose Verbindung verschiedener Beteiligten innerhalb eines digitalen Netzwerks und die Integration mit nationalen Systemen haben wir einen komplexen und zeitaufwändigen Prozess in eine effiziente und benutzerfreundliche Erfahrung verwandelt.
Dieses Projekt trägt nicht nur zu den ehrgeizigen Nachhaltigkeitszielen der Europäischen Union bei, sondern fördert auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und macht den Schienenverkehr wettbewerbsfähiger und nachhaltiger für die Zukunft.